28 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

29# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Die Bereinigung in Obergünzburg und die Verteilung der Gemeindegründe

Die im Jahr 1795 einsetzende Bewegung zielte zunächst nur auf die Verteilung der Gemeindeviehweiden und Gemeindehölzer ab. Die in einem umfangreichen Faszikul der Marktgemeinde-Registratur vereinigten Akten bieten ein genaues Bild des dreijährigen Vorgangs, der das gesamte Aussehen unseres Tals veränderte. Die vorherigen, ungepflegten Viehweiden, die alle Hänge bedeckten, wurden beseitigt und machten grünen Matten Platz. Etwa 520 Jauchert (Flächenmaß) wurden so der Kultivierung zugänglich gemacht.

Auch stark vernachlässigte Gemeindeholzstücke verschwanden und wurden in Wiesen umgewandelt. Die Gemeinde gab damals jedoch eine Ressource aus der Hand, die bei richtiger Pflege eine unerschöpfliche Quelle reicher Einnahmen hätte werden können. Gleichzeitig schuf die Verteilung die Möglichkeit zur Bildung der stattlichen Anwesen, die der Markt heute aufweist. Man vergleiche nur den bescheidenen Grundbesitz der Anwesen vor der Verteilung, wie er in der Liste von 1797 veröffentlicht wurde (siehe unsere Beiträge Nr. 9–11).

Der Verlauf der Bewegung

Die gesamte Bewegung verlief nicht ohne schwere Kämpfe, die in Günzburg häufig ein Element der Anregung darstellten. Bereits der Anfang war vielversprechend. Zum 25. August 1795 teilte der Gemeindehauptmann Philipp der stiftischen Regierung in Kempten mit, man wolle mit Genehmigung des Pflegamtes eine Gemeindeversammlung abhalten. Doch befürchtete er ein Wiederaufwärmen der vor wenigen Jahren (1781) mit großer Mühe beigelegten Streitigkeiten, möglicherweise sogar Tätlichkeiten, und bat um vorbeugende Maßnahmen.

In der Versammlung schieden sich die Gemeindebürger in zwei Lager: Anhänger der Verteilung (107 Stimmen) und Gegner (70 Stimmen). Der damalige Pfarrer und der Frühmessner stimmten nicht mit. Neutral erklärte sich Franz Freudling, der Lammwirt.

Argumente der Befürworter

Die erste Gruppe wandte sich mit einer Bittschrift an die Regierung in Kempten und beantragte die baldige Verteilung der Gemeindegründe. Sie argumentierten, die weitaus größere Mehrzahl der Bürger wünsche die Verteilung. Die Gegner seien aus verschiedenen Gründen dagegen: aus Unwissenheit, Eigensinn oder weil sie aufgrund ihres Alters nicht mehr von den Vorteilen profitieren könnten. Experten wie Hauptmann Herb von Haldenwang, der Pfleger von Ebersbach und der Baumeister von Günzach hätten jedoch betont, kein Ort sei besser für die Stallfütterung geeignet als Günzburg.

Die Befürworter argumentierten, dass die Stallfütterung gegenüber dem bisherigen Weidebetrieb weit höhere Vorteile bringe. Die verteilten Gründe könnten kultiviert und wirtschaftlich besser genutzt werden, wodurch sie vielfachen Ertrag brächten. Zudem würden die ständigen Gemeindestreitigkeiten aufhören und wirtschaftliche Unzuträglichkeiten beseitigt.

Führer der Bewegung

  • Anton Wagner, Posthalter und Hirschwirt
  • Benedikt Greither, Siebmacher
  • Franz Anton Prackenhofer, Rotgerber
  • Franz Freudling, Lammwirt
  • Joh. Michael Hundbiss, Kramer
  • Joh. Weichsler, Schwanenwirt
  • Roman Sidler, Zimmermann
    und weiter

Argumente der Gegner

Die Gegner der Teilungspläne, geführt von Personen wie Joh. Michael Prackenhofer, Gerichtsamtsmann, und Franz Anton Ostler, Jäger, beriefen sich auf die Tradition. Sie erklärten, die bestehende Gemeinschaft sei seit jeher eine „wahre Mutter der Bürgerschaft“ und eine unerschöpfliche Hilfe in Notzeiten gewesen. Als Beispiele führten sie große Brände in den Jahren 1564 und später an, bei denen die Gemeinde durch diese Gemeinschaft gestützt wurde.

(Fortsetzung folgt)



29 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
29 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 26.04.1920

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.