18 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

18# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Obergünzburg und seine Beteiligung am Bauernkrieg 1525

Das Stift Kempten verwendete zu dieser Zeit zweierlei Maß, wenn man die Korngilt brachte und wenn man Korn vom Stift kaufte. Auch maß nicht mehr der Pflichtige selbst, sondern der Kastenvogt die abzuliefernde Korngilt.

6-8: Seit etwa 60-70 Jahren beansprucht das Stift bei Todesfällen von verheirateten Eigenleuten Abgaben, die teilweise bis zur Hälfte der Verlassenschaft ansteigen, bei Unverheirateten gar die ganze. Von Freizinsern hole man in diesem Falle das Besthaupt, bei Männern das beste Ross oder Stück Vieh im Stall und das beste Gewand, bei Frauen letzteres.

9: Man setze bei jeder neuen Lehensvergabe den Wert der Güter immer höher an und verlange die Erneuerung der Vergabe beim Regierungsantritt jedes neuen Abtes, nicht wie früher nur nach Ableben des Lehenträgers.

10: Das Stift verbietet den Verkauf von Streu, Stroh und Holz von seinen Lehensgütern. Auch erlaube es nicht, dass ein Lehensmann einen verheirateten Sohn mit seiner Frau auf seinem Hofe halte, zur Unterstützung bei der Arbeit; auch für diesen Sohn müsse eine bestimmte Ehrschatzsumme entrichtet werden.

11: Die hochstiftische Kanzlei verlangt für Verschreibungen, für die man früher 4 Plappert zahlte, jetzt 7, 1 oder gar 2 Gulden.

12: Man habe den neuen Gebrauch eingeführt, dass jeder Bräutigam dem stiftischen Landammann 4 Plappert (etwa 3 Kreuzer) geben müsse.

13: Die Vögte und Amtleute verlangen, dass die Untertanen auf allen hochstiftischen Schlössern nach ihrem Gesollen Frohndienste tun müssten, bei Strafe von 4 Pfund Pfennig (4320 Pfennig) oder Gefängnis.

14: Beschwerden über die Art und Weise, wie die Amtleute die Untertanen nach Willkür bestrafen, ins Gefängnis setzen, in den Block legen oder sogar foltern, oft ohne hinreichenden Grund, besonders wenn es sich um einen Unvermöglichen handelt. Auch in schwereren Fällen solle man vor Anwendung der Folter die Nachbarn des Beschuldigten nach seinem Leumund fragen.

15-16: Die Steuern wurden immer wieder erhöht, obwohl die Landschaft ein angemessenes Jahresschirmgeld bewilligt habe, mit dem das Stift auskommen könne, zumal es auch sonst noch reichliche Einnahmen habe. Besonders erhebt das Stift jedes Mal ein zu hohes Reisgeld (Kriegssteuer) auf die Ausschreibungen des Kaisers oder des Schwäbischen Bundes hin, obwohl es das gute Recht der Stiftsleute wäre, nur so weit Kriegsdienste zu tun, dass sie jedes Mal am Abend wieder daheim sein könnten.

17: Es sei ein neuer unberechtigter Brauch, dass die Untertanen die Huldigung für einen neugewählten Abt nicht mehr auf einer Malstatt bei ganz versammelter Landschaft leisten sollten, sondern jedes Ortsgericht einzeln.

18: Wenn der Fürstabt sein Versprechen, die Missstände abzustellen und die Landschaft einzuberufen, nicht halte, dann sehe man sich auch nicht mehr an den nur unter dieser Bedingung geleisteten Huldigungseid gebunden.

19: Das Stift solle die alten Stiftsbriefe vorlegen, an deren Existenz die Bauern allgemein glaubten und die ihnen die gewünschten Freiheiten zusprachen. Tatsächlich gab es solche Stiftsbriefe aber nicht. Man wolle dann alle Bestimmungen derselben getreulich erfüllen.

20: Die Gotteshausleute sollten vor ihren Gerichten, nicht vor dem stiftischen Landgericht ihr Recht finden dürfen.

Der Vertreter des Stiftes verhielt sich auf der Tagung nicht ablehnend. Er vertrat den Standpunkt, die Streitpunkte seien durch die Memminger Tagung vom 14.-19. Oktober 1492 und ihre Bestimmungen eigentlich erledigt. Jeder Teil solle die Verpflichtungen genau erfüllen, die man damals vereinbart hatte. So waren die Verhandlungen bald festgefahren, namentlich als das Stift erklärte, es wolle Entgegenkommen in anderen Punkten zeigen, wenn die Untertanen die Forderung fallen ließen, die 1200 früheren Freizinser gegen Geldentschädigung wieder in ihren früheren alten Stand zurückzuversetzen.

Darauf wollten die Vertreter der Landschaft nicht eingehen. Sie erklärten, sie würden nun in der Sache die Rechtsentscheidung des Schwäbischen Bundes anrufen und bis zu dieser Entscheidung nur die althergebrachten Abgaben und Zinsen, nicht aber neue Forderungen, auch nicht die Reissteuer von 1524, bezahlen.

Der Tag von Obergünzburg verlief also ergebnislos. Die Lage wurde immer gespannter, besonders als der Abt schließlich erklärte, „er wolle sich gütlich, rechtlich oder feindlich“ mit seinen Leuten „vertragen“ (O. Erhard, S. 14), was so verstanden wurde, dass er nötigenfalls die Truppen des Schwäbischen Bundes zu Hilfe rufen würde.

(Fortsetzung folgt.)



18 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
18 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 20.01.1920

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