Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Obergünzburg und seine Beteiligung am Bauernkrieg 1525
Unter den Flüchtigen war ein Strobel von Ronsberg. Einige der Flüchtigen, denen der Schwäbische Bund die straflose Heimkehr nicht bewilligte, kehrten dennoch zurück und versuchten eine neue Erhebung zu bewirken. Unter ihnen waren neben dem Knopf von Leubas auch der Helfer Sans Hafenmaier von Günzburg, Mochelin und Urban Rapp.
In dieser Zeit streiften im ganzen Kemptischen Gebiet die Reiter des Schwäbischen Bundes und suchten flüchtige Schuldige. In Günzburg suchte man den Hilfsgeistlichen Hans Hafenmair, der an vorderster Stelle im Aufstand mitgewirkt und im Bauernheer gekämpft hatte. Man kreidete ihm besonders sein unpriesterliches Leben an, da er in Landsknechtskleidern ging und lange Zeit lutherisch und aufrührerisch predigte. Er entkam jedoch gerade noch durch einige List.
Auch die Häuser von Mochelin und Urban Rapp wurden durchsucht, jedoch fand man die beiden nicht. Im Haus des Metzgers und Wirts Jörg Hübsch kam es zu einem Kampf, als dieser versuchte, den Reitern mit Waffen in der Hand den Eintritt in sein Haus zu verwehren. Dort suchte man einen gewissen Lederle, der dem Pfarrer während der Predigt laut und kräftig widersprochen hatte. In Albrechts suchte man den Jörg Kaltschmid, einen der „gewaltigen Rädelsführer“, der bei der Plünderung des Klosters Kempten mitgewirkt hatte, jedoch ohne Erfolg. Auch der Teubermüller in Krautsried wurde gesucht. Sie erwischten jedoch Jos Groß in Bühel bei Reinhardsried, der als großer Aufwiegler und Urheber des Unheils galt. Er wurde zusammen mit anderen in harter Gefangenschaft auf der Neuenburg bei Sulzberg gehalten. Dass die Reiter in den Häusern nicht gerade zimperlich hausten, versteht sich von selbst.
Am 6. Januar 1526 brachte der Fürstabt von Kempten eine lange Liste von Klagen über die Widerständigkeit der Bauern vor. Viele Bauern lehnten den angenommenen Frieden ab, wie etwa Wolf Schübel von Betzigau, der erklärte: „Wir sind verbrannt und wollen wieder bauen. Und wenn wir noch einmal verbrannt werden, dann wollen wir nichts Gutes tun von der Strafe der Menschen“. Die Obergünzburger zeigten sich besonders hartnäckig. Mitte Dezember 1528 konnten in diesen Orten noch keine Gerichte eingerichtet werden, weil es nicht genügend Bauern gab, die sich mit dem Stift vertragen hatten.
Es wurde höchste Zeit, dass die Ursachen der Gärung aus der Welt geschafft wurden und die Versöhnung der streitenden Parteien gelang, was sich im Stift Kempten als besonders schwierig erwies. Am 6. August hatte der Schwäbische Bund eine Tagung in Memmingen auf den 18. September als endgültigen Schlichtungstermin angesetzt. Der Fürstabt erschien nicht persönlich, sondern ließ sich vertreten. Seine vorgelegte Klageschrift führte nicht nur die 18 Streitpunkte auf, die seit langem Gegenstand der Verhandlungen waren, sondern berichtete auch ausführlich von den Gewalttätigkeiten, die die Bauern verübt hatten. Sie hatten sich in Leubas mit anderen Gemeinden formell gegen das Stift verbündet und friedliebende Bürger gezwungen, ihrem Bund beizutreten. Die Widerstrebenden wurden geächtet, indem man ihnen Pfähle vor die Haustüren schlug.
Die Bauern organisierten sich kriegerisch und überfielen am 3. April das Stift Kempten in unerhörter Weise. Sie plünderten es vollständig, nahmen alles Wertvolle mit und zerstörten den Rest. Sie entwendeten Eisenwerk und richteten damit großen Schaden an. Zudem verwüsteten sie die Kirche, zerstörten Altäre, Statuen und Bilder, schütteten das Taufwasser aus und hätten auch das Heilige Altarsakrament geschändet, wenn nicht ein Geistlicher dies gerade noch verhindert hätte. Die Bibliotheken, Bücher und Urkunden wurden ebenfalls zerstört. Weiterhin klagte der Fürstabt über ähnliche Vorfälle auf den Schlössern Wolkenberg, Hohenthann, Unterthingau und Schwabelsegg sowie besonders über die Belagerung und Einnahme von Schloss Liebenthann. Für den gesamten Schaden forderte der Fürstabt eine Entschädigung in doppelter Höhe – 160.000 Gulden –, die Rückgabe des geraubten Gutes, die Zahlung aller rückständigen Steuern und Abgaben sowie den Heimfall aller Lehen der Aufständischen.(Fortsetzung folgt.)
Quelle: Obergünzburger Tagblatt erschienen am 24.02.1920