30 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

30# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Die Vereinödung in Obergünzburg und die Verteilung der Gemeindegründe

Die Region wurde in der Vergangenheit häufig von römischen und später anderen Kriegsparteien heimgesucht. Besonders hervorzuheben ist ein französisches Lager im Jahr 1701 auf der sogenannten „Mayerwies“, das die gesamte Fläche bedeckte. Während die Bewohner körperlich unversehrt blieben, raubten die Franzosen alle Nahrungsmittel und führten sie ins Lager ab. Nach dem Abzug wurden die Schäden durch die Gemeinde teilweise ausgeglichen, indem Holz an die betroffenen Bürger verteilt wurde.

Um die durch diese Ereignisse entstandenen Schulden zu tilgen, wurde die „Geißer Ergart“ und die „Meisterwies“ an den Meistbietenden übertragen. Dies führte dazu, dass wertvolle Gemeinschaftsflächen verloren gingen. Dennoch bleibt die Bedeutung der Gemeinschaft für die wirtschaftliche Unterstützung in Krisenzeiten unbestritten.

Die Diskussion über die Gemeindeteilung

Eine Bewegung, die die Aufteilung der Gemeindeviehweiden und Holzbestände vorantrieb, spaltete die Gemeinde in zwei Lager: Befürworter und Gegner der Vereinödung. Die Befürworter argumentierten, dass die Verteilung den wirtschaftlichen Fortschritt fördern würde, während die Gegner auf die traditionelle Unterstützung der Gemeinschaft verwiesen.

Argumente der Befürworter

  • Die Stallfütterung bringe höhere Erträge und bessere Nutzung der Flächen.
  • Die Aufteilung würde langfristig Gemeindestreitigkeiten und wirtschaftliche Missstände beseitigen.
  • Experten wie der Pfleger von Ebersbach und der Baumeister von Günzach lobten die Möglichkeiten zur Kultivierung in der Region.

Argumente der Gegner

  • Die bestehende Gemeinschaft sei eine „wahre Mutter der Bürgerschaft“ und eine unerschöpfliche Hilfe in Notzeiten.
  • Die Verteilung gefährde den sozialen Zusammenhalt und bevorzugte Wohlhabendere.
  • Die ökonomische Belastung der ärmeren Bürger durch die Umstellung auf Stallfütterung sei unverhältnismäßig hoch.

Ein Beispiel: „Adam“, der arme Bürger

Um die Auswirkungen der Teilung zu illustrieren, wurde der fiktive Bürger „Adam“ herangezogen, der keinen eigenen Grundbesitz hatte. Durch die Gemeinschaft konnte Adam zwei Kühe auf der Gemeindewiese weiden lassen und sich und seine Familie ohne großen Aufwand ernähren. Nach der Teilung jedoch verlor er diese Möglichkeit, da die neuen Eigentümer die Nutzung der Weiden einschränkten.

Folgen der Vereinödung

Die Vereinödung führte zu einer langfristigen Veränderung der Landschaft und des sozialen Gefüges in Obergünzburg. Während einige wohlhabendere Bürger von der Neuordnung profitierten, gerieten viele ärmere Bürger in größere wirtschaftliche Not.

(Fortsetzung folgt)



30 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
30 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 11.05.1920

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