34 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

34# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Die Vereinödung in Obergünzburg und die Verteilung der Gemeindeböden

Inzwischen hatte es mit der Teilung noch keine guten Fortschritte gegeben. Die Referate der Hofräte in Kempten unterstützten die Sache nicht besonders, sondern verlangten zumindest, dass eine größere Einigkeit unter den Beteiligten herrschen müsse, bevor überhaupt etwas geschehen könne.

Doch die Teilungspartei argumentierte, dass es fast unmöglich sei, die geltende, 1781 geschaffene Gemeindeordnung genau einzuhalten. Dies gestand nun sogar Johannes Bozer ob der Staig ein, der bei der damaligen Festsetzung selbst beteiligt gewesen war. Zumindest erreichte die Teilungspartei, dass sie auf eigene Kosten eine Kommission von drei Sachverständigen zur Begutachtung und Abgabe eines Gutachtens hinzuziehen durfte.

Mit Dank für diese Erlaubnis verband sie am 28. Mai 1796 gleich den Antrag, die Aufteilung der Gemeindeböden mit einer vollständigen Vereinödung, also einer Neuregulierung der gesamten Feldflur und einer möglichst günstigen Zusammenlegung der Grundstücke einzelner Besitzer, zu verbinden.


Die Gutachter und ihre Empfehlungen

Die drei Sachverständigen waren Hauptmann Baltus Herb von Haldenwang sowie die beiden Landesauschüsse Johannes Karg von Untrasried und Josef Hartmann von Kiesel bei Reicholzried. Sie gaben Anfang Dezember 1796 ein ausführliches Gutachten ab, das nicht nur die Teilung als möglich und nützlich erklärte, sondern auch gleich Vorschläge für die Vereinödung machte.

Am 9. Januar 1797 folgte ein Gesuch um die Entsendung einer Regierungskommission nach Günzburg, die die gesamte Frage nochmals in allen Einzelheiten durchsprechen und für die größtmögliche Einigkeit unter den Parteien sorgen sollte.


Gegner der Teilung

Das Schriftstück enthält eine wenig schmeichelhafte, aber recht interessante Charakterisierung der inzwischen auf 59 Personen zusammengeschrumpften Gegner der Teilung, die weiterhin auf ihrem starren Nein beharrten. Diese wurden in fünf Gruppen eingeteilt:

  • 1. Die allzu Konsequenten: Sie hatten inzwischen erkannt, dass ihre Interessen falsch verstanden wurden, hielten es aber für eine Schande, ihre einmal gewählte Partei zu verlassen.
  • 2. Die absolut Starrsinnigen: Sie sahen den Wert der Neuregelung ein, wollten aber aus Prinzip nicht zustimmen.
  • 3. Die Sparsamen: Sie dachten nur an mögliche Kosten und lehnten deshalb die Reform ab.
  • 4. Die „Helden“: Diese redeten in der einen Partei so und in der anderen anders. Sie behaupteten, nur die Angst vor dem Hass des Ammanns Profenhofer hindere sie an der Zustimmung.
  • 5. Die Profitlichen: Sie seien die Hartnäckigsten, da sie aus Erfahrungen bei anderen Vereinödungen glaubten, durch Widerstand eine bessere Zuteilung ihres Besitzes zu erreichen.

Die Haltung der Hofräte

Die Hofräte in Kempten äußerten sich nun nicht mehr so ganz ungünstig über das Projekt, hatten aber weiterhin Bedenken. Zahlreiche Bedingungen sollten erfüllt werden, darunter der Ausbau der Straße nach Günzburg und des Weges zum Seesenbauern.

Die Parteien wurden erneut zur Stellungnahme aufgefordert, was sie am 19. Mai 1797 ausführlich taten, ohne jedoch viel Neues vorzubringen. Die Befürworter der Vereinödung lehnten den vorgeschlagenen Straßenbau ab, da dies lediglich dazu führen würde, dass Fuhrwerke an Günzburg vorbeiführen, ohne dort einzukehren.

Auch die Frage der sogenannten „Wiesläge“ wurde angesprochen. Dies waren Flächen von jeweils ¼ Jauchert, die seit der teuren Zeit von 1771 jedem Gemeindebürger für vier Jahre zur Sondernutzung zugeteilt wurden und meist mit Hafer oder Kartoffeln bestellt waren.

Das Verlangen, 100 Jauchert Gemeindeboden als Holzboden ungeteilt zu lassen, wurde abgelehnt, da die Gemeinde ohnehin bereits 375 Jauchert Gemeindewald besaß, was als ausreichend erachtet wurde.

Die Gegner der Vereinödung konnten keine überzeugenden Argumente gegen die Reform vorbringen, sodass die Regierung die Tagung der Vereinödungskommission in Günzburg auf den 28. Juni 1797 ansetzte. Doch es mussten noch zahlreiche Schwierigkeiten überwunden werden, bis die Angelegenheit in Gang kam.


Widerstand und Intrigen

Ein besonderer Streitpunkt war die in der Gemeindeordnung vorgeschriebene „Ohmadzeit“ (Weidezeit), die je nach Flurgebiet unterschiedlich geregelt war. In den Mayerwiesen war sie bis Afratag (7. August), in der großen Point, im Bihlbrunnen und in der Schlichte Bühl bis zum 9. August, in den Wassermösern bis Ende August festgelegt.

Der Versuch, diese Zeiten hinauszuschieben, führte zu lebhaften Diskussionen und sogar zum Rücktritt des Gerichtsamanns Johann Michael Pradenhofer. Er war ohnehin bei einem großen Teil der Bürgerschaft unbeliebt, da er sich gegen die Vereinödung gestellt hatte. Aus Rache denunzierten er und seine Anhänger jene, die absichtlich die Weidezeit hinauszögerten oder abgeerntete Wiesen direkt wieder düngten, um die gemeinsame Weide unmöglich zu machen. Sie wurden bei der Regierung beschuldigt, nichts anderes als „Spotten und Spötteln“ für die Verfügungen der Obrigkeit übrigzuhaben.

(Fortsetzung folgt.)



34 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
34 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 07.06.1920

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