Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Der Schwedenkrieg in der Umgebung von Obergünzburg
Das vierte Kapitel
Da im Monat Juni unsere gesamte Obrigkeit im Exil war, wollte sich auch die edle Justitia nicht mehr blicken lassen. Es sah so aus, als ob die Gerechtigkeit tot sei. Während des täglichen Raubens, insbesondere von Vieh und Pferden, waren die Menschen so gierig, dass viele Untertanen der Grafschaft Kempten mit betrügerischen Worten in die schwedischen Raubkriege gezwungen wurden. Unter lautem Wehklagen der Frauen und Kinder mussten sie sich der Kriegsführung anschließen.
In der gesamten Grafschaft herrschte große Not, und es war kaum vorstellbar, woher noch Viktualien aufgetrieben werden konnten.
Am 11. dieses Monats wurden bei Trauchburg 300 Bauern zusammen mit ihrem Grafen von Hohenems gefangen genommen. Viele wurden erschlagen, andere nach Dietmannsried und weiter nach Memmingen geführt. Dort wurde uns eine neue Kriegssteuer auferlegt. Währenddessen marschierte das Heer des Erzherzogs Leopold bis nach Kaufbeuren, woraufhin sich ein neuer Aufstand erhob.
Am 19. dieses Monats marschierten aus Kempten etwa 490 Reiter mitten in der Nacht mit Fackeln nach Kaufbeuren. Dort wurden sie jedoch von den kaiserlichen Truppen des Erzherzogs Leopold zurückgeschlagen. Am 21. Juni hatten sich in Günzburg 13.500 Mann versammelt. Sie zogen weiter nach Füssen, nahmen die Stadt im Sturm und zerstörten Teile der Stadtmauer mit einem großen Geschütz. Die Kanonenkugel des Geschützes traf bis auf den Marktplatz vor das Rathaus. Die kaiserlichen Truppen mussten fliehen und die Stadt aufgeben.
Am 22. Juni hatten in Günzburg erneut 1.000 schwedische Soldaten ihr Nachtquartier. Am nächsten Tag zogen sie weiter in Richtung Memmingen. Auf dem Weg dorthin plünderten sie Görisried, wo sie die Kirche und das Pfarrhaus verwüsteten. Sie nahmen Kelche und Silbergeschirr mit sich. Am 26. Juni quartierten sich weitere 1.200 Schweden in Günzburg ein, bevor sie weiter nach Memmingen zogen. Dort erschossen sie drei unschuldige Personen ohne jeden Grund.
Ihr Verhalten war von Raub, Mord und Plünderungen geprägt – dies war ihnen ebenso angeboren, wie dem Menschen das Lachen und der Kuh das Grasen. Das Schloss Liebenthann kann bezeugen, was es erleiden musste. Die Schweden plünderten alles: Vieh, Pferde, Eisen, Betten, Geschirr, Glocken, Uhrenwerke und Fenster. Nichts blieb unberührt, selbst Brunnenketten und Zugbrücken wurden mitgenommen. Das Schloss, das vom Abt Wolfgang Wolfurth prachtvoll ausgebaut worden war, wurde bis auf die Grundmauern geplündert.
Das fünfte Kapitel – Der Heumonat
Nun komme ich zum Heumonat, in dem die Bauern ihr Heu auf Karren heimführen mussten. Einst hatten sie vier Pferde für diese Arbeit, nun blieb ihnen nichts.
(Fortsetzung folgt.)
Quelle: Obergünzburger Tagblatt erschienen am 20.07.1920