15 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

15# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1919

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Obergünzburg und seine Beteiligung am Bauernkrieg 1525

Die Bauern mussten sich ergeben und ihr Bündnis auflösen. Was von den Rädelsführern entfliehen konnte, ging in die Schweiz (etwa 200), die anderen wurden gefangen genommen. Am 14. Oktober wurde zu Memmingen ein Friede geschlossen, auf der Grundlage des Weiterbestandes des bisherigen Herkommens und der Straflosigkeit für das Vergangene. Auch Vertreter von Obergünzburg waren bei diesem Friedensschluss anwesend.

Es war klar, dass dieser Memminger Friede nicht von Dauer sein konnte. Die Lage der Bauern war durch ihn in keinem Stück erleichtert oder gesichert worden. Und da die stiftische Regierung ohne jedes Entgegenkommen ihre schroffen Maßnahmen weiter verfolgte, kam es 1528 wieder zum offenen Bruch. Auch der neue, mit frischer Hoffnung erwartete Fürstabt Sebastian von Breitenstein machte keine Anstalten, den Beschwerden der Bauern abzuhelfen. Als er nun noch dazu die Huldigung der Untertanen nicht dem alten Herkommen gemäß auf einer gemeinsamen Malstatt, sondern von jedem einzelnen Ort getrennt sich leisten ließ, waren die Günzburger die ersten, die diese Huldigung ablehnten, wenn nicht vorher ihren Beschwerden abgeholfen wäre.

Erst als sie vom Fürstabt diese Zusage erhalten hatten, leisteten sie den Huldigungseid. Wie sie, machten es eine Reihe anderer Pfarreien. Als diese Zusagen wieder nicht gehalten wurden, wurde die Stimmung immer erbitterter. Die hauptsächlichen Beschwerdepunkte finden sich unter anderem bei der Tagung von Obergünzburg zusammengefasst.

Der Konflikt eskaliert

Es begann ein langwieriges, immer ergebnisloses Verhandeln zwischen den streitenden Parteien auf zahlreichen Tagungen. Die Vertreter der stiftischen Untertanen wollten vor allem erreichen, dass das Stift sein Vorgehen gegen die Freizinser (freie Leute, die gegen genau festgelegte Zinsabgaben auf stiftischen Gütern saßen) einstelle und endlich aufhöre, diese Leute mit allen Mitteln zu Eigenleuten des Stiftes zu machen. Die Obergünzburger hatten dazu noch einen besonders schweren Grund zur Klage, weil das Stift das Gericht (die Gemeindeverwaltung) an sich gezogen hatte, auf Kaufrecht stehende Güter zu Lehen austat und den Flecken die kaiserlichen und königlichen Freiheitsbriefe und der Handwerkskammern genommen hatte.

Erreicht wurde nichts. Dann kam 1524 noch eine schwere Kriegssteuer, die der Abt ausschreiben ließ, um seine Beiträge zu den Kriegsausgaben des Schwäbischen Bundes zu decken. Nun schrieb man eine neue Tagung zu Obergünzburg für den 9. bis 18. Januar 1525 aus, die nochmals versuchen sollte, die Händel in Güte aus der Welt zu schaffen.

Hier zu Günzburg sollte durch Schiedsspruch die Entscheidung über alle Klagen und Beschwerden der Untertanen des Hochstifts Kempten gefällt werden. Als Schiedsleute waren von Seiten des Stiftes Adam vom Stein zu Ronsberg und die beiden Bürgermeister von Kempten und Wangen, Gordian Seutter und Ferdinand Kolb, benannt. Von Seiten der Kemptner Landschaft wurden Johann Marschalk von Pappenheim zu Grönenbach, der Kemptner Bürgermeister Heinrich Seltmann und der Kaufbeurer Stadtammann Mathes Klamer als Sprecher der Parteien eingesetzt.

Sprecher der Parteien: Auf der Seite des Stiftes war Ritter Peter von Freiberg zu Eisenberg, auf der Seite der Untertanen Johann Marschall, beider Rechte Doktor und des geistlichen Hofgerichts zu Augsburg geschworener Advokat und Prokurator.

Die Forderung der Vertreter der Untertanen ging zum größten Teil dahin, dass der Fürstabt endlich die lange schon versprochene Versammlung der ganzen Landschaft einberufen solle, damit dort alle Klagepunkte vorgetragen werden könnten. In geschickter Weise wusste der Vertreter des Abtes diese Versammlung abzulehnen, die bei der erregten Stimmung manche unangenehme Folgen für das Stift bringen konnte. Und so blieb zunächst nichts übrig als vor den Schiedsleuten zu verhandeln auf Grundlage einer alsbald vorgelegten schriftlichen Zusammenstellung der Beschwerdeartikel, zu der das Stift umgehend eine schriftliche Erwiderung gab.

Die beiden Schriftstücke und das Protokoll der Tagung von Obergünzburg sind gedruckt bei F. S. Baumann, Akten zur Geschichte des deutschen Bauernkrieges aus Oberschwaben, Freiburg 1877, S. 51–84. Wir geben danach kurz den Inhalt der Klageartikel:

  1. Das Stift drückt mit Gewalt Freizinser zu Eigenleuten herab. Ein beigelegtes Verzeichnis führt 1200 solche Fälle auf. Durch das Versagen des Kirchgangs und der heiligen Sakramente versuchte man, von Freien oder Freizinsern, die Eigenleute heiraten, die Verschreibung zu Eigen zu erpressen.
  2. Gleichzeitig suchte man die Freizügigkeit der Freizinser zu vernichten, indem man von ihnen bei ihrer Auswanderung aus dem hochstiftischen Gebiet den dritten Pfennig von beweglicher und unbeweglicher Habe erhob, statt des herkömmlichen zu Recht bestehenden Zinses.

(Fortsetzung folgt.)



Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 16.12.1919

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