Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Obergünzburg und seine Beteiligung am Bauernkrieg 1525
Folgt der Tag zu Leubas am 23. Januar 1525. Hier fasste die Landschaft nach vernommenem Bericht über die bisherigen ergebnislosen Verhandlungen mit dem Fürstabt, besonders über den Tag zu Günzburg, den Entschluss, nun allein vorzugehen und die Rechtsentscheidung des Schwäbischen Bundes anzurufen. Man bewilligte die notwendigen Gelder für die Prozesskosten und vergaß nicht, Sturmläuten in allen Gemeinden anzuordnen für den Fall, dass inzwischen gegen eine Gemeinde mit Gewalt vorgegangen würde.
Seele und Führer dieser ganzen Bewegung war der Knopf (wohl Hausname) von Leubas, Jörg Schmid, der mit einer Anzahl von Ausschussleuten, darunter dem Jörg Mod, genannt Mödelin, von Obergünzburg, die Führung der Rechtssache kräftigst betrieb. Aber bald traten Umstände ein, die eine völlige Änderung der Sachlage herbeiführten und allmählich die Bewegung in das revolutionäre Fahrwasser leiteten.
Schon Mitte Februar war eine enge Verbindung mit anderen Bauerschaften des Allgäus hergestellt, die gleiche Ziele in radikalerer Weise verfolgten. Dadurch wuchs das Selbstbewusstsein der Untertanen ungemein. Dazu kam von einer weiteren Seite eine mächtige Förderung der Unternehmung, von der Reformationsbewegung. Nicht nur in den Städten griff die religiöse Neuerung gewaltig um sich, auch auf dem Land fasste sie schnell Boden, besonders als hier auch einzelne Geistliche sich ihr anschlossen und die neue Lehre predigten (in unserer Gegend neben den beiden Kaplänen zu Günzburg, Hans Hafenmaier und Veit Riedle, die Pfarrvikare Christian Wanner in Haldenwang, Mang Baßer von Wildpoldsried, wurde Pfarrer in Buchenberg, und Hans Unsinn in Oberthingau).
Die nächste Folge war, dass man darauf verzichtete, die Abstellung der Missstände auf dem bisher eingehaltenen Rechtsweg zu suchen, und das „göttliche Recht“ forderte, d. h. die Freiheiten, die dem Menschen zustehen nach dem „Evangelium und Gotteswort“, wie es die neuen Prediger verstanden und verkündeten. Die auf das „Evangelium“ gegründeten Forderungen liefen in ihrer Gesamtheit allmählich auf einen recht radikalen Umsturz aller bestehenden Verhältnisse hinaus. Dass sie den gedrückten und erregten Untertanen als wahre Erlösungsbotschaft klangen, ist klar, ebenso sicher ist aber, dass diese Wendung die ganze Bewegung auf die abschüssige Bahn brachte.
Tagungen und Vereinbarungen
Es folgten Tagungen der Allgäuer Bauern am 24. Februar zu Oberdorf, am 27. zu Leubas, auf denen das Bündnis festgeschlossen und die Organisation der Bewegung beendet wurde. Von Leubas aus versuchte man nochmals, die Erfüllung der Forderungen vom Fürstabt zu erreichen, der sich auf die Burg Liebenthann zurückgezogen hatte und diese in Verteidigungsstand bringen ließ, zu diesem Zweck sogar den Bauhof und Ziegelstadel niederbrennen ließ und reichlich Proviant und Waffen dahin führte, auch die Wertsachen des Stiftes dorthin flüchtete.
An der Abweisung des Fürstabtes scheiterte dieser letzte Schritt und an dem herausfordernden Auftreten seiner Vertreter zu Leubas. Das schweißte den Bund nun erst recht zusammen. Wer sich ferne hielt, sollte geächtet sein, vor seinem Haustor sollte ein Pfahl eingeschlagen werden zum Zeichen, dass er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werde, dass selbst sein Vieh von den öffentlichen Brunnen und von der Gemeinweide zurückgetrieben werde.
Die weitere Entwicklung brachte eine Vereinigung der aufständischen Bauernhaufen von ganz Oberschwaben, die am 7. März zustande kam und als gemeinsame Leitpunkte die viel genannten Zwölf Artikel veröffentlichte, die am 14./15. März in Memmingen in endgültiger Fassung angenommen wurden. Die Allgäuer gehörten unter einem Obersten Walter Bach von Oy in acht Haufen geteilt der Vereinigung an: Der Oberdorfer, Seeger, Wertacher, Staufner, Altusrieder, Jöny-Trauchburger, Leutkircher und Günzburger Haufen.
Hauptmann des Günzburger Haufens war Ulrich Rapp von Günzburg, seine Räte waren Urban Rapp von Günzburg, Zacharias Meichelbeck ab dem Aschen (bei Lenzfried), Erhart Maier von Lauben und Konrad Maier von Betzigau. Dem Günzburger Haufen schlossen sich nach dem 8. März auch die Bauern des Fürststift Kempten an und die Bauern der Herrschaften Stein und Ronsberg.
Dass man mit der nahen Möglichkeit von offenen Feindseligkeiten rechnete, zeigte sich schon in den Anordnungen des Tages von Memmingen, 6.-8. März, der in umsichtiger und großzügiger Weise für das ganze oberschwäbische Gebiet die Maßnahmen traf, die Ordnung bringen sollten in eine richtige bewaffnete Volkserhebung. Doch konnten einem scharfen Auge schon damals die Schwächen der Bewegung nicht verborgen bleiben, vor allem Mangel eines gemeinsamen Oberbefehls; auch für andere Begleiterscheinungen derartigen Volksbewegungen, Fehlen der Disziplin und des Gefühls für die Notwendigkeit unbedingter gegenseitiger Unterstützung, zeigten sich bald da und dort Ansätze.
(Fortsetzung folgt.)
Quelle: Obergünzburger Tagblatt erschienen am 27.01.1920